10 - Worüber Coaches ungern reden
Was wird in der Coaching-Branche nicht gerne angesprochen oder sogar unter den Teppich gekehrt?
Einer dieser Bereiche betrifft den Beruf des Coaches selbst: So wird gerne verschwiegen, wie schwierig und vor allem langwierig der Einstieg in diesen Beruf ist, insbesondere bis der Punkt erreicht ist, an dem man von seinem Einkommen als Coach auch leben kann. Denn das dauert in der Regel drei, oft sogar fünf Jahre. Entsprechend verhält es sich mit der Kundengewinnung: Als Coaching-Berufseinsteiger ist es nicht einfach, Coaching-Klientinnen und -Klienten zu generieren. Manche in der Branche greifen daher auf Versprechen zurück, wie z.B. Steigerung des Umsatzes binnen kürzester Zeit oder garantieren einen erfolgreichen Coaching-Prozess. Doch sollte man dem nicht unbedingt vertrauen.
Denn nicht jeder Coaching-Prozess kann erfolgreich sein, egal wie gut der Coach ist. Der Erfolg des Prozesses hängt erwiesenermaßen von der Beziehung zwischen Coach und Klient ab. Funktioniert diese nicht (auch aus trivialen Gründen, z.B. sind sich beide nicht sonderlich sympathisch), ist auch die Wirksamkeit des Prozesses stark gefährdet. Außerdem gibt es schlichtweg sehr schwierige, sehr komplexe Coaching-Situationen und -Anliegen, die man kaum bewältigen kann: Dann sind bereits sehr geringfügige Änderungen nüchtern betrachtet als Erfolge zu bewerten, nur sieht man das natürlich im Laufe des Prozesses selbst nicht. Weil also „Erfolg“ nicht alleine vom Coach abhängt, kann es im Coaching kein Erfolgsversprechen geben.
Auch sprechen Coaches nur ungern den Umstand an, dass Coaching ein anstrengender Beruf ist. Er bedarf sehr viel Vorbereitung, sehr großer Konzentration und im Laufe des Prozesses kann es emotional sehr herausfordernd werden. Denn im Coaching geht es auch um Schicksalsschläge und um tiefgreifende, emotional erschütternde Situationen und Probleme. Extreme sind da beispielsweise eine unheilbare Erkrankung oder der Tod naher Angehöriger. Man bleibt davon nicht verschont, man muss als Coach fähig sein, damit umgehen zu können. Das ist ein Grund, weshalb jeder professionelle Coach Supervision in Anspruch nehmen sollte. Dessen ungeachtet gehört Supervision zwingend zum Coaching dazu, es ist schlicht als „Psychohygiene“ zu verstehen, die man immer wieder nutzen sollte und muss.
Ein anderer Punkt, über den Coaches eher schweigen, ist inwiefern die zu coachende Person freiwillig ins Coaching geht. Grundsätzlich lautet die Devise aller Coaches, dass Freiwilligkeit eine Grundvoraussetzung für Coaching ist. Das ist zwar vollkommen richtig, aber oftmals sieht die Freiwilligkeit eines Klienten so aus, dass er entweder das nahegelegte Coaching seitens des Arbeitgebers in Anspruch nimmt, oder mit anderweitigen Konsequenzen rechnen muss. Der Coach muss also offen und klar mit dem Klienten kommunizieren, versuchen, Vertrauen aufzubauen, Anliegen zu klären, was letztlich auch die freiwillige Teilnahme der Klientin bzw. des Klienten am Prozess schaffen kann.
Was vermutlich absichtlich unter den Teppich gekehrt wird: Die Coaching-Branche ist in Wirklichkeit klein. Der Jahresumsatz der gesamten Branche in Deutschland ist nicht viel höher als der Umsatz eines einzelnen, gut laufenden mittelständischen Unternehmens. Man wird durch Coaching also nicht reich. Allerdings suggerieren einige Coaches genau das: einen immensen Markt mit phantastischen Einnahmen. Hier spielt auch Narzissmus eine gewisse Rolle. Die Wahrheit ist, Coaching ist eine kleine Spezialbranche.
Die Seriosität der Coaching-Branche ist auch ein Thema, das gerne ausgespart wird. Klar ist, dass es schwarze Schafe immer noch gibt und man das Professionelle etablieren und fördern muss. Aber totschweigen, weil das unbequem ist und nicht ins Berufsbild passt, darf man es nicht.
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