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23 - Psychische Störungen

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Zur Einordung zunächst ein paar Zahlen und Fakten zu psychischen Störungen: Nach Erhebungen, die sich auf Zahlen vor der Corona-Pandemie beziehen, hat ein Drittel der Bevölkerung Deutschlands eine hohe Wahrscheinlichkeit, innerhalb von zwölf Monaten an einer psychischen Erkrankung zu leiden. Man muss es also klar benennen: Psychische Störungen sind ein Massenphänomen und längst Alltag. Zudem haben viele Menschen in Zusammenhang mit jedweder psychischer Erkrankung häufig Ängste: Sie haben bestimmte Bilder von physisch Erkrankten im Kopf, die durch Bücher und Filme und Fernsehen geprägt sind, aber mit der Realität nur wenig gemeinsam haben – und die in der Wirklichkeit ohnehin äußerst selten auftreten, wie beispielsweise gespaltene Persönlichkeiten. Diese Klischees haben sich allerdings in unserer Wahrnehmung festgesetzt und sind nur schwer wieder loszuwerden. So ist das Bild des stets hochbegabten Autisten auch ein Klischee.

Aufgrund der Fülle und Diversität psychischer Störungen, werden in dieser Folge drei Störungen herangezogen, die auch im Coaching häufig anzutreffen sind, und dabei näher betrachtet und erklärt. Die drei Störungen sind:

  1. Depressionen
  2. Ängste bzw. Angststörungen
  3. Suchtmittelerkrankungen, darunter insbesondere Alkoholismus

Depressionen

Die am weitesten verbreitet und vermutlich auch im Coaching am häufigsten anzutreffende psychische Erkrankung ist die Depression. Wobei gesagt werden muss, dass sich Angststörungen und Depressionen durchaus gegenseitig bedingen und das eine das andere auch hervorrufen kann.

Symptome einer Depression sind sehr vielfältig, allgemein kann man jedoch unter anderem Folgendes dazuzählen:

  • Eine gedrückte Stimmung und Schwermütigkeit
  • Interessenverlust und Freudlosigkeit
  • Verminderter Appetit
  • Ein tiefes inneres Gefühl von Sinnlosigkeit
  • Eine negative Lebenseinstellung
  • Antriebs- und Lustlosigkeit
  • Konzentrationsschwäche und Sprachstörungen
  • Angststörungen

Um allerdings wirklich von Symptomen einer Depression sprechen zu können, müssen diese mindestens über zwei Wochen hinweg auftreten. Ein schlechter Tag, eine längere Verstimmung oder eine kurze depressive Phase machen noch keine Depression.

Für Außenstehende ist es dabei wichtig zu begreifen, dass für Personen mit einer Depression Aufforderungen, die an den Tag gelegte Antriebs- und Lustlosigkeit einfach zu überwinden, sich „nicht so anzustellen“ und sich „zusammenzureißen“ nicht hilfreich sind. Man muss sich im Klaren sein: Eine Depression ist subjektiv außerordentlich belastend für die Menschen, sie leiden wirklich. Platituden und Hausmittel sind hier schlicht nicht hilfreich. Keiner würde jemandem, der sich ein Bein gebrochen hat, anraten, sich nicht so „anzustellen“ und einfach auf dem anderen Bein zu hüpfen.

Wie es zu einer Depression kommt ist nicht eindeutig zu sagen. Hinweise legen nahe, dass es eine genetische Disposition gibt. Allerdings spielen auch Umweltfaktoren eine große Rolle. Zudem sind die Aussichten auf Heilung bzw. Minderung der Symptome durch den Einsatz von Medikamenten in Kombination mit einer Therapie durchaus gut.

Angststörungen

Ängste können sich extrem vielfältig äußern: Da ist z.B. das Herzrasen oder die beschleunigte Atmung, körperliche Reaktionen wie Schwindel, Zittern, Kälte- bzw. Hitzeempfinden oder andere Empfindungsstörungen, Übelkeit und vieles mehr. Grundsätzlich können wir zu allem einen Angstzustand entwickeln, wobei es natürlich durchaus so etwas wie angeborene Urängste gibt. Sehen wir etwas schlangenartiges plötzlich und unerwartet unter uns, so zucken mit Sicherheit die meisten davor zurück. Dieses Beispiel zeigt auch, dass Ängste durchaus eine positive Funktion haben und zwar wie hier zum Selbstschutz vor der (vermeintlichen) Gefahr.

Entsprechend haben viele Menschen Ängste vor bestimmten Tieren (Spinnen) oder Umgebungen (große Höhen), die vielleicht nicht ganz rational sind, aber mit denen sie sehr gut leben können, die ihre Lebensqualität nicht beeinträchtigt. Kommt es allerdings dazu, dass die Angststörung dazu führt, dass man Dinge nicht (mehr) macht, wie man eigentlich tun möchte und sich grundsätzlich im Alltagsleben eingeschränkt fühlt, dann wird die Störung zu einem Problem. Auch das Zusammenkommen verschiedener Ängste, die vielleicht für sich genommen gut in den Alltag integrierbar sind, kann soweit gehen, dass man gar nicht mehr das Haus verlassen kann. Man denke hier z.B. an die Angst vor weiten offenen Flächen und die soziale Angst vor großen Menschenansammlungen.

Zum Glück zeigen therapeutische Maßnahmen bei der Bewältigung von Angstzuständen sehr gute Ergebnisse. Man muss sich also mit seinem Angstzustand nicht abfinden. Hierbei nähert man sich z.B. der angstauslösenden Situation schrittweise an, arbeitet dabei mit Entspannungsinstruktionen was allmählich dazu führt, dass man den Zustand als immer weniger belastend empfindet.

Man kann Angstzuständen auch sehr gut medikamentös begegnen, doch besteht hier eine recht große Gefahr des Gewöhnungseffekts und der Abhängigkeit, weil die Medikamente so gut funktionieren, sprich ein sehr positives Ergebnis und Erlebnis auslösen. Wenn es also schlecht läuft, ist man innerhalb sehr kurzer Zeit von solchen Medikamenten in der Weise abhängig, dass man eine immer höhere Dosis braucht, um den gewünschten Effekt zu erzielen. Ein dauerhafter Einsatz wird so für Organe wie die Leber oder die Nieren zu einem großen Problem, weshalb ein regelmäßiger Einsatz eher nicht empfehlenswert ist. Zugleich muss man bedenken, dass es durchaus Situationen gibt, wo die kurzfristige oder einmalige Einnahme eines angstlösenden Mittels durchaus vorteilhaft sein kann, z.B. bei Flugangst. Hier dürfte es weniger belastend für den Körper sein, das Medikament zu verarbeiten, als stundenlanger Angst ausgesetzt zu sein.

Dennoch: Die Gefahr eine Medikamentenabhängigkeit im Rahmen einer Angststörung zu entwickeln ist nicht zu unterschätzen und sollte stets beim Einsatz der Mittel mitbedacht werden.

Suchtmittelabhängigkeit

Das stellt auch den Übergang zum dritten Schwerpunkt da, den Suchtmitteln. Das Perfide an einer Anhängigkeit von Suchtmitteln ist, dass uns das Mittel steuert und nicht wir das Mittel. Das im westlichen Kreisen sicherlich verbreitetste und akzeptierteste Suchtmittel ist der Alkohol – im Grunde handelt es sich dabei um ein hochwirksames Zellgift.

Doch ab wann ist man abhängig? Es gibt hier mehrere Definitionen, die strengste besagt, dass man bereits als Suchtmittelgefährdet bzw. -abhängig gilt, wenn man täglich weit mehr als ein Glas Alkohol zu sich nimmt. Das Problem ist aber, dass diese Definition oftmals von den Betroffenen nicht angenommen wird, weil sie nicht auf sie zuträfe. Hintergrund ist hier, dass Alkoholkonsum auch zum Berufsalltag gehört: Man denke da an ein Geschäftsessen im Vertrieb oder mit der Führungskraft, wo der gute Wein dazugehört, der geschlossene Vertrag mit einem „Gläschen“ festgemacht wird und es zum Abschied noch einen Absacker gibt. Oder man denke an das berühmte Feierabendbier. In diesen Ritualisierungen liegt eine große Gefahr in die Abhängigkeit zu rutschen. Denn wenn man die Rituale durchbricht und merkt, dass man beispielsweise im Laufe einer Woche nicht auf den regelmäßigen Alkohol unter Kollegen oder das Feierabendbier verzichten kann, sollte man spätestens merken, dass man nicht Herr der Lage ist.

Ähnlich wie bei der Depression gibt es auch bei Suchtkrankheiten eine genetische Disposition aber auch Gewöhnungseffekte und Ritualisierungen. Letzteres kann jede Person beeinflussen und steuern. Also gilt es, aus den gewohnten und gefährdenden Mustern herauszubrechen.

Zudem gibt es ein sehr effektives Mittel: Die Alkoholsucht (oder sonstiges) direkt und klar ansprechen. Oftmals wird insbesondere in Unternehmen der auffällige und hohe Alkoholkonsum als Privatangelegenheit abgetan – jeder weiß, was Sache ist, keiner sagt aber etwas. Alkoholkrankheiten lösen sich nicht von alleine, Aufmerksamkeit für das Problem kann da ein erster Schritt zur Bewältigung sein.

Umgang mit Sucht um Coaching

Kommt im Coaching das Thema Stressbewältigung auf und der Klient sagt, er trinke jeden Abend gemütlich sein Bier, um „runterzukommen“, dann sollten Coaches hellhörig werden. Dann gilt es zu prüfen, ob das die einzige Bewältigungsmaßnahme der Person ist, ob der Alkohol fest ritualisiert ist. Das Feedback sollte dann auch entsprechend ausfallen und spiegeln, dass es hier ein Problem geben könnte. Jede weitere Maßnahme aber kann nicht Bestandteil des Coachings sein, sondern obliegt einer Therapie.

Die Wahrscheinlichkeit, einer suchtmittelabhängigen Person im Coaching zu begegnen ist relativ hoch, da man sich vor Augen führen muss, dass statistisch gesehen jede sechste Führungskraft in Deutschland ein Suchtproblem hat.

Dauer: 41:52 Min.


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